Diese Frage beschäftigt nicht nur mich seit geraumer Zeit, genauer gesagt seit dem sie mir ein Unternehmer und Kunde im Bezug auf seine Führungskräfte gestellt hat, sondern den ganzen Arbeitsmarkt. Leistung muss ökonomisch und messbar sein. Nicht umsonst arbeitet die Wirtschaft mit so genannten KPIs – den Key Performance Indikators. Wie also setzen wir das auf Leadership, also auf die Führung von Menschen und Unternehmen um?

Fangen wir bei der Methodik an: Was könnte man messen, was im direkten Zusammenhang mit Führung steht? Ich habe vor kurzem in einem Feedback-Gespräch zum Leadership Mentoring gehört, dass die Krankheitstage der Mitarbeiter spürbar zurückgegangen sind, seitdem die Führungskraft ihren Führungsstil angepasst hat. Ist das gut? Sicher! Hat mit dem Führungsstil des Vorgesetzten zu tun? Sehr wahrscheinlich. Ist es einzig und allein davon abhängig und damit ein zählbarer KPI? Schwierig!

Schauen wir auf den ökonomischen Teil. In den meisten Branchen wird sinniger Weise mit Zielen gearbeitet, die direkten Einfluss auf das wirtschaftliche Wachstum des Unternehmens haben. In der Fitnessbranche zum Beispiel werden Ziele für Neumitgliedschaften pro Monat ausgegeben. Hat gute Führung Einfluss auf dieses Ziel? Selbstverständlich! Ist es einzig und allein davon abhängig? Wohl kaum! Allein die Art des Angebotes, Höhe des Marketing Budgets, Kampagnen der Mitbewerber usw. haben Einfluss darauf, wie viele Mitgliedschaften ein Fitnessunternehmen gewinnt. Auch hier ist es nicht die Führung allein. Ich schätze, wir sind uns einig, dass es mit jedem Beispiel so weiter geht und das auch auf alle anderen Branchen übertragbar ist. Auch naheliegende Faktoren wie Mitarbeiterfluktuation, Image des Unternehmens oder eine positive interne Teamkultur sind sicher sehr von guter Führung geprägt, aber nicht allein durch sie zu erreichen.

Ich finde, die viel wichtigere Frage bei diesem Thema ist: Sollte es wirklich messbar sein?

Ich stelle nun mal eine „steile These“ auf: Wir wollen Dinge messbar machen, damit wir das Gefühl von Kontrolle haben. Denn alles was wir messen können, können wir kategorisieren und überprüfen. Und damit können wir meist Einfluss darauf nehmen (oder haben zumindest das Gefühl und wollen es). Das sind dann meistens die Menschen, die im Stau jede noch so kleine Lücke nutzen, um voran zu kommen. Sie kommen meist nicht wirklich schneller voran, haben für sich aber das Gefühl „ich habe Einfluss darauf genommen“ – die Verhaltenstendenz zum Aktionismus.

Und durch diese ständig und überall messbaren Prozesse entsteht ein Mikromanagement, welches für die Mitarbeiter wie ein „Korsett aus Regeln & Zahlen“ wirkt. Dieses Mikromanagement steht im absoluten Gegensatz zur Entwicklung der Generation. Das Ergebnis: Demotivation, quit quitting, Mitarbeitermangel.

Und nun? Mut zur Lücke. Schaffe eine Lücke im Wald der KPIs und des Kontroll- und Messwahnsinns. Vielleicht können wir nicht alles messen. Vielleicht sollten wir nicht alles messen! Vielleicht dürfen wir es nicht! Im Interesse unserer Mitarbeiter (die ja bekanntlich nicht ganz unwichtig sind in unserem Unternehmen). Dass wir wichtige wirtschaftliche Faktoren weiterhin auf dem Schirm haben und überprüfen, absolut wichtig und essentiell. Jeder Unternehmer mit einem Wirtschaftsunternehmen sollte genau das tun und viele sicher noch mehr, als bisher. Bei dem Punkt Leadership sind wir dann aber vielleicht an einer Grenze. Und hier setzt dann das gute alte Vertrauen ein. Das heißt nicht: frei und wild rumlaufen lassen, aber erstmal Vertrauen mit anschließendem Feedback und nicht direkt das Korsett drüber.

Das Ergebnis? Mitarbeiter, die das Gefühl haben, sie können „erschaffen und kreieren“ und sie haben den Platz für eigene Ideen und können diese auch einbringen. Mitarbeiter, die ihrer Arbeit einen höheren Stellenwert geben, denn sie haben nicht das Gefühl einfach nur eine Nummer zu sein in einer zu statischen Struktur. Mitarbeiter, die Lust auf ihren Job haben.

Am Ende will jeder Unternehmer Mitarbeiter, auf die er sich verlassen kann und die motiviert sind. Dann darf sich jeder Unternehmer auch herzlich eingeladen fühlen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Und die Messbarkeit von Leadership gehört da vielleicht nicht dazu.

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